Hast du schon mal in die Augen eines an Hunger sterbenden Kindes geschaut? Ein traurig-hilfloser, auch ein ohnmächtig-anklagender Anblick. Beim Übergang vom Leben zum Tod gibt es eine entscheidende Schwelle; vor ihr tut alles noch schrecklich weh; dahinter siehst du den Tod als einen guten Freund - immer näher kommen. Er nimmt dich an seine Hand, führt dich hinaus und du begleitest ihn gerne. Jetzt freust du dich. Denn - du hast es geschafft. Deshalb sagte das auf der Straße liegende, an Hunger sterbende Kind zu Mutter Theresa, als sie ihm ein Stück Brot gab und es aufforderte zu essen: "Ich habe Angst, das Brot zu essen, ich fürchte, wenn es zu Ende ist, werde ich wieder hungrig sein". Das Kind war bereits jenseits der Schwelle. Es tat nicht mehr weh. Es wollte nicht mehr zurück.
Von Hanspeter Schmider - Auszug aus einer Textpredigt, 2012