5 Maranatha

Theologische Arbeit im Fach Neues Testament


Prophet Jesaja 55,1-7

„Auf, ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser! Auch wer kein Geld hat, soll kommen. Kauft Getreide, und esst, kommt und kauft ohne Geld, kauft Wein und Milch ohne Bezahlung! Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht nährt, und mit dem Lohn eurer Mühen, was euch nicht satt macht? Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen. Neigt euer Ohr mir zu, und kommt zu mir, hört, dann werdet ihr leben. Ich will einen ewigen Bund mit euch schließen gemäß der beständigen Huld, die ich David erwies. Durch seine Siege hat David die Macht und Zuwendung Gottes zu seinem Volk bezeugt. Seht her: Ich habe ihn zum Zeugen für die Völker gemacht, zum Fürsten und Gebieter der Nationen. Völker, die du nicht kennst, wirst du rufen; Völker, die dich nicht kennen, eilen zu dir, um des Herrn, deines Gottes, des Heiligen Israels willen, weil er dich herrlich gemacht hat. 6 Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt, ruft ihn an, solange er nahe ist. Der Ruchlose soll seinen Weg verlassen, der Frevler seine Pläne. Er kehre um zum Herrn, damit er Erbarmen hat mit ihm, und zu unserem Gott, denn er ist groß im Verzeihen. Textquelle: Das Alte Testament - Einheitsübersetzung

Offenbarung des Johannes 22,16-21

„Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt als Zeugen für das, was die Gemeinden betrifft. Ich bin die Wurzel und der Stamm Davids, der strahlende Morgenstern. 17 Der Geist und die Braut aber sagen: Komm! Wer hört, der rufe: Komm! Wer durstig ist, der komme. Wer will, empfange umsonst das Wasser des Lebens. Ich bezeuge jedem, der die prophetischen Worte dieses Buches hört: Wer etwas hinzufügt, dem wird Gott die Plagen zufügen, von denen in diesem Buch geschrieben steht. Und wer etwas wegnimmt von den prophetischen Worten dieses Buches, dem wird Gott seinen Anteil am Baum des Lebens und an der heiligen Stadt wegnehmen, von denen in diesem Buch geschrieben steht. Er, der dies bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. - Amen. Komm, Herr Jesus! Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen!“ Textquelle: Das Neue Testament - Einheitsübersetzung


In Offb 22,16 f greift die Einladung von V.17 auf das Gotteswort von Jes 55, 1-7 zurück - Der Sinn dieser Einladung wird mit Hilfe von Jes 55,6 f erläutert

Die Kirche (Braut) versteht sich als endzeitliches Volk Gottes und lebt in sehr großer Bedrängnis. Die schmerzliche Erfahrung, dass der Herr nicht spürbar nahe ist, lässt den Ruf nach seinem Kommen erschallen. Sehnsüchtig rufen die Menschen in großer Angst und Not den Herrn in ihre Mitte (maranatha). Sie wissen, dass sie den Kampf (z.B. Glaubensbekenntnis, Verteidigen der erkannten Glaubenswahrheiten) allein nicht bestehen können. Gerade in solch schwerer Zeit ist die Gegenwart des Herrn lebensnotwendig. Gott ihr Herr wird kommen und sie stärken, damit sie den Alltag bestehen und – wenn notwendig – ihr Lebenszeugnis für Christus im Martyrium bewähren können. Er wird ihnen dann in der Stunde allergrößter Bedrängnis nahe sein. Er wird sie befreien und auf seine göttliche Weise zum Heil führen. Auf Gottes Wort ist Verlass. Das Vertrauen in ihn wird nicht enttäuscht werden. Besonders ist er dann nahe, wem wie jetzt die Drangsale immer größer werden. Außerdem waren die Erfahrungen der Vergangenheit genauso. In einzigartiger Weise hatte sich Jahwe-Gott in der Geschichte seinem Volk Israel geoffenbart. Immer wieder hatte er, nicht aufgrund der Verdienste seines Volkes, sondern aufgrund seiner Gnade großmächtig gehandelt und letztendlich alles zum Guten geführt (z.B. Exodus / Heimkehr aus dem babylonischen Exil). Dies wird auch jetzt wieder so sein. In Offb 22,12 und Offb 22,20 sagt der Herr selbst sein baldiges Kommen zu. Er ist bereits auf dem Weg und kommt ihnen entgegen. Jetzt gilt es sich darauf vorzubereiten (Einladung an die Dürstenden). Gott wird ihren Durst mit seinem lebendigen Wasser stillen. Dieses Bild schließt auch den sehnsüchtigen Wunsch mit ein, einmal in der immerwährenden Gemeinschaft mit Christus im neuen Jerusalem leben zu wollen. Gott wird also seine Verheißungen bis ins Letzte erfüllen. Er kann gar nicht anders.

Die Situation in den Gemeinden für die Johannes die Offenbarung schreibt

Die Situation in den Gemeinden ist aufs Äußerste angespannt Die Gemeinden werden durch die römischen Machthaber nicht nur politisch unterdrückt, sondern in ihrem christlichen Glauben verachtet, verfolgt und ermordet. Sie werden unter Androhung von Folter und Todesstrafe aufgefordert ihrem Glauben abzuschwören, um den römischen Kult und seinen Kaiser (Domitian), der sich selbst als Gott proklamiert, anzubeten. Viele von ihnen bleiben standhaft, verweigern dem Kaiser die göttliche Ehre und erleiden daraufhin das Martyrium. Außerdem steht eine schwere Christenverfolung erst noch bevor (Offb 3,10). Die Menschen in den christlichen Gemeinden haben deshalb große Zukunftsängste und sind unsicher, ob sie unter diesem Druck und im Angesicht des Todes im Glauben (Glaubensbekenntnis und Verteidigen der erkannten Glaubenswahrheiten) standhaft bleiben werden. Nur der gemeindliche Gottesdienst und die Zusage Jesu, dass er ihnen nahe sein wird, gibt dem einzelnen Christen die Kraft, die Schwierigkeiten in solch feindseliger Welt zu meistern. In der Kraft Jesu entwickelt er sich zum Zeugen für die Wahrheit. Nur so vermag er sich dem Kaiserkult zu entziehen, selbst wenn es ihn das Leben kostet. In ihrer offensichtlichen Schwachheit sind sie mit Christus stark und können den Sieg wie er in der Erniedrigung erringen.

Aktualität dieser Einladung für uns und unser Gemeindeleben

Wird nicht auch heute ein bekennender und gläubiger Christ voreilig zum gesellschaftlichen Außenseiter gestempelt oder muss gar den Märtyrertod erfahren (z.B. l2-jähriges Kind erschießt Klassenkameraden, weil er an Gott glaubt)? Ist nicht auch er heute immer wieder angefochten und den Bedrängnissen der Gesellschaft ausgesetzt (z.B. als junger Mensch in seiner Rolle als Ministrant, der sich vor seiner Klasse zu seinem Dienst und zum Christusglauben bekennt)? Haben wir nicht auch schon selbst schmerzlich erfahren, dass Jesus uns gerade heute nicht nahe, dass er eben nicht spürbar ist? Werfen nicht viele Menschen ihren Glauben heute einfach mehr oder weniger unreflektiert über Bord und schlagen somit die Einladung des Herrn aus? Sehr wichtige Fragen, welche die Offenbarungsschrift selbst aufwirft und die für uns heute aktueller denn je sind.

Gott liebt ja alle Menschen und Jesus lädt alle zur Weg-Gemeinschaft mit ihm ein. Wie auf dem Weg nach Emmaus geht er bei jedem von uns den persönlichen Glaubensweg in Liebe mit. So sorgt und kümmert er sich um uns. Dabei erwartet er aber auch, dass wir uns aktiv mit unseren Gaben und Fähigkeiten ins Gemeindeleben einbringen. So sollen auch wir zum Licht für andere werden. Der Glaube will so gemeinsam gelebt und weitergegeben werden. Dies ist m.E. nur möglich und glaubwürdig, wenn wir uns Jesus Christus, so wie ihn die Evangelientexte schildern noch stärker zum Vorbild nehmen, so dass wir ihm bezüglich des Verhaltens und der Eigenschaften immer ähnlicher werden. Die Übereinstimmung von Worten und Taten spielt hierbei die entscheidende und wichtigste Rolle. Hinzu kommen die oft verlorengegangenen, grundsätzlichen Werte wie Offenheit, Toleranz, Hilfsbereitschaft, den Anderen ernst nehmen, ihn wertschätzen, seine menschliche Würde beachten und ihm in Liebe begegnen. Solche Begegnungen besitzen dann wie bei Jesus Christus im Evangelium den Aspekt der Ganzheitlichkeit. Genau diesen Jesus sollten wir stärker und öfter in unser Bewusstsein rücken, damit er in uns bleibt und immer lebendiger wird. Dies sollte uns im alltäglichen Leben und selbst in schweren Zeiten, insbesondere aber im gemeinsamen Gottesdienst, nicht zuletzt aufgrund der Verheißung in Mt 18,20 immer eindringlicher gelingen.