48 Das lebendige Brot


Öffnet ihm wenn er kommt

Textquelle: Das Neue Testament - Übersetzung von Fridolin Stier, 1989 - JOH 6,51-58

 

„In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel niedergestiegen. Wenn einer von diesem Brot isst, wird er leben auf Weltzeit hin. Und das Brot, das also ich geben werde: mein Fleisch ist es – für das Leben der Welt. Stritten da die Juden untereinander und sagten: Wie kann der uns sein Fleisch zu essen geben? Sprach nun Jesus zu ihnen: Wahr, ja wahr ists, ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch zu sich nimmt und mein Blut trinkt, hat unendliches Leben. Und ich lasse ihn auferstehen am Letzten Tag. Mein Fleisch ist wahre Speise; und mein Blut ist wahrer Trank. Wer mein Fleisch zu sich nimmt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich durch den Vater lebe, so auch, wer mich zu sich nimmt: Auch der wird leben durch mich. Das ist das Brot, das aus dem Himmel niedergestiegen, kein solches, wie es die Väter gegessen – und gestorben sind. Wer dieses Brot zu sich nimmt, wird leben auf Weltzeit hin.“


Predigt am 20. Sonntag im Jahreskreis 2018


Öffnet ihm wenn er kommt

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder in Christus Jesus,

an fünf Sonntagen hintereinander wird dieses Jahr aus dem 6. Kapitel des Johannes-evangeliums gelesen. Dabei geht es im Wesentlichen um das Brot, das vom Himmel kommt, also das Geheimnis Jesu Christi – und – untrennbar damit verknüpft, in einem zweiten Schritt, um das Geheimnis der heiligen Eucharistie.

 

Vor drei Wochen (aus dem Johannesevangelium) die wundersame Brotvermehrung, als von fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Menschen satt wurden. Vor zwei Wochen dann (aus dem Buch Exodus), die Israeliten in der Wüste, die nichts mehr zu essen hatten und gegen Mose und Aaron murrten. Am nächsten Morgen lag dann auf dem Boden unter dem Tau etwas – es heißt wörtlich – Feines, Knuspriges; das Manna. Der Psalmist wird später singen: Brot vom Himmel hat er ihnen gegeben – Speise in Fülle, zur rechten Zeit. Letzte Woche dann (aus dem ersten Buch der Könige) die sagenhafte Geschichte von Elija, dem Propheten, der sich – ebenfalls in der Wüste – unter einen Ginsterstrauch legt und sterben will. Aber ein Engel kommt, stellt Brot und Wasser hin und sagt zu ihm: Elia, steh auf, iss und trink – denn der Weg ist sonst für dich zu weit. Elia steht auf, isst und trinkt, und erreicht so gestärkt nach 40 Tagen und Nächten den Berg Horeb, wo ihm Gott in einem feinen Säuseln des Windes begegnet (Lieblingsgeschichte).

In all diesen biblischen Erzählungen geht es um persönliche Lebenskrisen, wo Gott nicht nur die Sorgen und Nöte der Menschen teilt, sondern wo er sie durch seine Gaben – in besonderer Weise eben durch das Brot – so stärkt, dass sie wieder neue Hoffnung, neuen Mut und neue Kraft für ihr ganz persönliches Leben schöpfen können. Essen, Trinken und Schlafen sind die elementaren Grundbedürfnisse jedes Menschen. Hautnah und aktuell erlebt in diesen Tagen der extreme Dürre, der Ernteeinbußen, der vielen Flüchtlinge und Hungernden.

 

Jesus aber sagt uns heute: Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm – und – der hat das ewige Leben. Die Juden aber erschraken und sagten: Wie kann er uns denn sein Fleisch zu essen geben? Sie dachten an eine Art von Kannibalismus – ein Vorwurf, der den Christen damals häufig gemacht wurde.

 

Schauen wir deshalb noch einmal auf den Prolog im Johannesevangelium, der immer am ersten Weihnachtsfeiertag verkündet wird. Dort heißt es: Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Und alles ist durch das Wort geworden. Später dann: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. Und genau dieser jetzt – der, der Fleisch geworden ist, gibt nun selbst – uns – sein Fleisch zu essen. In dem kleinen Stückchen Brot ist er selber da; die Theologie sagt: Real präsent. Ein unmissverständlicher Hinweis also auf das Herrenmahl, die heilige Eucharistie. Gerade deshalb erinnern wir in jeder heiligen Messe nicht nur an das Geheimnis des Glaubens (also den Tod und die Auferstehung Christi), sondern wir feiern das Opfer Christi und seine Hingabe, wie es heißt: Für euch und die Vielenzum Heil und zur Rettung der Welt; also der ganzen Schöpfung (Wir preisen deinen Tod, wir glauben, dass du lebst, wir hoffen, dass du kommst, zum Heil der Welt).

 

Liebe Schwestern und Brüder,

Christus kommt von Gott. Durch sein irdisches Leben schenkt er den Menschen Gemeinschaft mit Gott. Durch seinen Tod „für uns“ kehrt er zu Gott zurück und führt all jene, die an ihn glauben und ihm vertrauen, in die nie endende Gemeinschaft mit Gott – m.a.W. ins ewige Leben. Genau deshalb feiern wir Sonntag für Sonntag die hl. Eucharistie und empfangen die hl. Kommunion. Es geht hierbei also um wesentlich mehr als ‚nur das Glauben‘, was ja an sich schon viel ist. Es geht um das i.w.S.d.W. ‚Essen und Trinken‘ seines Leibes und seines Blutes. Dies will uns derart stärken und verwandeln, dass wir in unserer persönlichen Nachfolge ihm immer ähnlicher werden.

 

Auch die Jünger damals konnten dies erst im Abendmahlsaal begreifen. Dann aber, nach seinem Tod, kamen sie zusammen, um das Mysterium – das verborgene Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung – zu feiern. Als Zeichen des ewigen Bundes und der bleibenden Gemeinschaft mit dem Herrn. Deshalb ist diese Nahrung für uns Christen unverzichtbar, ja lebensnotwendig. Sie wird uns, in die den Tod überdauernde Lebensgemeinschaft mit Gott führen. In Dimensionen, die wir uns nie und nimmer vorstellen können. Eingeladen zu dem himmlischen Fest, das er denen bereiten wird, die ihn zu ihren Lebzeiten geliebt haben. Genau dies hat uns Jesus versprochen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Amen.