Textquelle: Das Alte Testament - Einheitsübersetzung 2017 - JES 25,6-10a
"Der Herr der Heerscharen wird auf diesem Berg für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen, ein Gelage mit erlesenen Weinen, mit den feinsten, fetten Speisen, mit erlesenen, reinen Weinen. Er verschlingt auf diesem Berg die Hülle, die alle Völker verhüllt, und die Decke, die alle Nationen bedeckt. Er hat den Tod für immer verschlungen und Gott, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen und die Schande seines Volkes entfernt er von der ganzen Erde, denn der Herr hat gesprochen. An jenem Tag wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns rettet. Das ist der Herr, auf ihn haben wir gehofft. Wir wollen jubeln und uns freuen über seine rettende Tat. Denn die Hand des Herrn ruht auf diesem Berg."
Textquelle: Das Neue Testament - Übersetzung von Fridolin Stier, 1989 - MT 22,1-10
"Und Jesus hob an und sprach abermals in Gleichnissen zu ihnen, er sagte: Mit dem Königtum der Himmel ist es gleich wie mit einem König, der für seinen Sohn die Hochzeit ausrichtete. Und er sandte seine Knechte, um die Geladenen zur Hochzeit zu rufen. Aber sie wollten nicht kommen. Abermals sandte er andere Knechte: Sagt den Geladenen: Da! Ich habe mein Mahl bereitet. Meine Stiere und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit – auf zur Hochzeit! Doch unbekümmert darum gingen sie: der auf seinen Acker, jener in sein Handelsgeschäft. Die übrigen gar griffen seine Knechte, demütigten sie und brachten sie um. Darüber geriet der König in Zorn und schickte seine Kampftruppen, richtete jene Mörder zugrunde und steckte ihre Stadt in Brand. Dann sagte er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist bereit, aber die Geladenen waren es nicht wert. Geht nun an die Ausfallstraßen und ruft alle, so viele ihr da trefft, zur Hochzeit. Und jene Knechte gingen hinaus auf die Straßen und holten alle zusammen, die sie trafen: Böse wie Gute. Und voll ward der Hochzeitssaal mit Leuten, die zu Tisch lagen."
Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder in Christus Jesus,
eingeladen zu einer Hochzeit, überleg ich doch nicht lang, sondern ich freu mich, mit dabei zu sein, an diesem ganz besonderen Tag. Ich freu mich auf das Brautpaar, die netten Begegnungen und Gespräche, das feine Essen, die Musik und später dann, der obligatorische Brauttanz. Ein Fest, das man in vollen Zügen genießt – und, an das man sich noch lang und gern erinnert.
Ganz anders im heutigen Evangelium. Wir hören von einer Hochzeit, die ein König für seinen Sohn vorbereitet. Die Gäste sind geladen, der Tisch ist reich gedeckt – sogar die Ochsen und das Mastvieh wurden geschlachtet und die besten Weine ausgewählt. Alles ist bereit – und alles ist umsonst – aber? Einer nach dem andern lässt sich entschuldigen. Alle sagen ab – keiner kommt. Also bei aller Liebe – ist das nicht einfach unerhört? Bin ich denn meinen Gästen gar nichts mehr wert? Ist Ihnen alles andere wichtiger – als ich? Offen gesagt, das nehme ich aber ganz persönlich – und deshalb kann ich auch die Wut des Königs so richtig gut verstehen.
Übrigens – mit dem König ist – wie schon im Gleichnis am letzten Sonntag – Gott, unser aller Vater im Himmel, gemeint. Und heute erfahren wir, mehr als sonst, wie dieser väterliche Gott denkt, fühlt und handelt. Schon früher hat Pfarrer Josef in der Schule immer zu uns gesagt: Schaut euch an, was Gott sagt – und dann – was er tut. Und genau dies war mir in meinem Leben oft eine große Hilfe.
Heute nun, schildert uns der Evangelist zunächst das Bild vom fürsorglichen, sich um seinen Sohn kümmernden und zum Fest einladenden Gott. Unablässig ist dieser bemüht, alles für seinen Sohn festlich und feierlich zu gestalten. Und als dann die ersten Absagen kommen, lässt er trotzdem nicht locker, sondern schickt nochmal seine Boten hinaus, mit der Bitte, auch ja zu kommen. Aber – alles nützt nichts – sodass er später sagen wird: „Die Gäste waren es nicht wert, eingeladen zu werden.“ Und auf einmal rücken jetzt die von der Straße, die Obdachlosen, die Bettler, die von der Gesellschaft Ausgegrenzten, in den Blick. „Ladet alle ein – Böse und Gute.“ Denn: „Das Fest muss stattfinden.“
Schauen wir weiter, dann zeigt sich ein zweites Bild – das, von einem enttäuschten, einem traurigen, einem gar zornigen Gott. Und ich frag mich unablässig – ist denn das möglich, Gott, so emotional? Denn – seit vielen Jahren begegne ich im Pflegeberuf Kranken und Sterbenden – und manchmal sagen die Angehörigen: Jetzt war die Mutter/der Vater zeitlebens so ein guter Mensch – selbstlos, immer geholfen, der Familie, den Anderen – und jetzt? Bettlägrig, abhängig, Angst und Schmerz und viel, viel Leid. Hat denn dieser Gott, von dem wir beten, der ‚Schöpfer des Himmels und der Erde‘, der ‚Herr über Leben und Tod‘, denn gar kein Mitgefühl – in Anbetracht des Leids so vieler Unschuldiger? Und wo war er, als sein eigener Sohn qualvoll am Kreuz starb und schrie: „Mein Gott, warum hast auch Du mich verlassen?“
Auf solche Fragen – liebe Schwestern und liebe Brüder – gibt es keine einfachen Antworten und auch alle gut gemeinten Ratschläge und Erklärungsversuche laufen meist ins Leere. Aber – eigene Erfahrungen, vermutlich nur eigene Erfahrungen, können helfen. Und so fühlte auch mich schon einmal – bis auf meine eigene Familie – von Allen verlassen. Jahrelang war ich isoliert und vom Leben komplett abgeschnitten. Mein Körper war zwar gesund – niemand sah mir etwas an – aber, der seelische Schmerz war kaum zu ertragen. Kurz gesagt – für mich ging es um Leben und Tod. Und – am liebsten wäre ich damals auch gestorben. Aber genau in diese Lebenskrise hinein trat dann Gott, der mir immer wieder neue Kraft und neuen Mut gab.
Durch solche oder ähnliche Erfahrungen – sie müssen aber keineswegs leidvoll sein – kann sich dann aber ein neues Bild, von einem treuen und liebenden Gott, entfalten. Bei mir war es genau so – der gute, der väterliche Gott, der, der Anteil nimmt an meiner Angst, an meinen Schmerz – der mich auffängt und der mich behütet – und in dessen Hände ich mich – im tiefsten Sinne des Wortes – hineinfallen lassen darf; vor allem dann, wenn‘s mir richtig schlecht geht.
Eine solche Erfahrung – liebe Schwester und liebe Brüder – wünsch ich Ihnen, von ganzem Herzen. Denn Gott – das ist meine tiefst-innere Überzeugung – will jedem und jeder auf eine ganz persönlich-liebende Art und Weise begegnen. Von mir aus ist dabei nur eines nötig; Den Kontakt aufrechterhalten, mit ihm verbunden bleiben – im Bilde des Evangeliums gesprochen – seiner Einladung, immer wieder folgen. Dann würde auch die Vision meines Lieblingspropheten Jesaja vom Hochzeitsmahl für Alle wahr werden. Dann nämlich, wenn am Ende der Zeiten, alle Völker und Nationen bei feinsten Speisen und erlesenen Weinen mit Gott zu Tisch sitzen, und er all unsere Tränen abwischt und den Tod beseitigt – für immer.
Ein – wie ich meine – sehr schönes Hoffnungsbild, uns verheißen, vom Heil der Welt, vom Leben in Fülle, vom Beginn der ewigen Freude im Himmel. Und dazu passt auch das wunderbare Herzensgebet von Pater Pio, mit dem ich heute gerne schließen möchte: „Meine Vergangenheit, Herr, sei deine Barmherzigkeit – meine Gegenwart, deine Liebe – und meine Zukunft, deine Vorsehung.“ Amen.