Textquelle: Das Neue Testament - Übersetzung von Fridolin Stier, 1989 - MK 10,35-45
"Und da kommen zu ihm Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus und sagten zu ihm: Lehrer, wir möchten, dass du uns tust, worum wir dich bitten. Er sprach zu ihnen: Was wollt ihr, dass ich euch tue? Sie sprachen zu ihm: Gib uns, dass wir in deiner Herrlichkeit zu sitzen kommen, einer zu deiner Rechten und einer zur Linken. Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wisst nicht, worum ihr bittet. Könnt ihr den Becher trinken, den ich trinke, oder in die Taufe euch tauchen lassen, in die ich getaucht werde? Sie sprachen: Das können wir! Jesus aber sprach zu ihnen: Den Becher, den ich trinke, werdet ihr trinken und in die Taufe euch tauchen lassen, in die getaucht werde. Aber das Sitzen zu meiner Rechten oder Linken – das zu geben, ist nicht meine Sache. Es ist für die, denen es bereitet ist.
Als die Zehn das hörten, fingen sie an, sich über Jakobus und Johannes zu entrüsten. Und Jesus ruft sie heran und sagt zu ihnen: Ihr wisst, die als Anführer der Völker gelten, herrschen auf sie herunter und ihre Großen lassen sie ihre Vollmacht spüren. Bei euch aber ist es nicht so! Sondern: Wer ein Großer bei euch werden will, sei euer Diener. Und wer bei euch Erster sein will, sei aller Knecht. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösepreis für viele."
Mutter Teresa erzählt folgende Geschichte: „Vor einiger Zeit las ich ein Kind von der Straße auf, in dessen Gesicht ich sehen konnte, dass es hungrig war. Ich weiß nicht, wie viele Tage es nichts zu essen hatte. Ich gab ihm ein Stück Brot, und das Kleine aß Krume um Krume. Ich sagte dem Kind: ‚Nun iss doch das Brot!‘ Da sah das Kind mich groß an und sagte: 'Ich habe Angst, das Brot zu essen, ich fürchte, wenn es zu Ende ist, werde ich wieder hungrig sein'!“
Liebe im christlichen Glauben versammelte Gemeinde,
heute, am zehnten Jahrestag der Seligsprechung von Mutter Teresa, möchte ich an einige bedeutende Stationen in ihrem Leben erinnern. Agnes Gonxha – die Blütenknospe – wurde am 27. August 1910 in Bojaxhio in Skopje, der Hauptstadt der heutigen Republik Mazedonien, geboren. In einer wohlhabenden, albanisch-katholischen Familie wuchs sie, von ihren Eltern sehr religiös erzogen, auf. Als sie zehn Jahre alt war, starb ihr Vater völlig überraschend, worauf sie sich noch stärker ihrem Glauben widmete. Bereits im Alter von zwölf Jahren entschied sie sich für ein Leben als Nonne. Dieser Wunsch wurde von ihr konsequent verfolgt und so bat sie im Alter von achtzehn Jahren um die Aufnahme in den Loreto-Orden, der sich mit seinen Mitgliedern besonders im Unterrichtswesen in Bengalen in Indien engagierte. Zunächst aber wurde sie von der Ordenszentrale nach Irland gerufen, weshalb sie am 28. September 1928 aus Skopje nach Irland abreiste.
Bereits nach zwei Monaten erfüllte sich ihr Herzenswunsch und sie durfte sich dem Loreto-Orden in Bengalen anschließen. In Kalkutta legte sie ihr erstes Gelübde ab. Daraufhin war sie siebzehn Jahre in der St. Mary´s School in Kalkutta tätig. Erst als Lehrerin, dann später als Direktorin. Auf einer ihrer zahlreichen Fahrten durch die Millionenstadt Kalkutta verspürte sie 1946 die göttliche Berufung, den Armen zu helfen. Aber erst nach zwei, für sie sehr langen Jahren, wurde sie exklausiert – das heißt, sie erhielt die Erlaubnis, den Orden zu verlassen, ohne ihren Nonnenstatus zu verlieren. Fortan lebte Teresa unter den Ärmsten der Armen in den Slums von Kalkutta. Ein berühmt gewordenes Porträt von ihr im Magazin LIFE brachte ihr den Beinamen „Saint of the Gutters“, die Heilige, der in den Gossen bzw. im Straßendreck Liegenden, ein.
Mutter Teresa: "Ich vergesse es nie, wie ich einst einen Mann von der Straße auflas. Er war mit Maden bedeckt. Sein Gesicht war die einzige Stelle, die sauber war. Ich brachte den Mann ins Heim für Sterbende und er sagte nur einen Satz: 'Ich habe wie ein Tier auf der Straße gelebt, aber nun werde ich wie ein Engel sterben, geliebt und umsorgt.' Und er starb wunderschön. Er ging heim zu Gott. Der Tod ist nichts anderes als ein Heimgang zu Gott. Ich spürte, er erfreute sich an dieser Liebe, dass er erwünscht war, geliebt, dass er für jemanden jemand war.“
1949 war sie selbst Inderin geworden und gründete 1950 den Orden der ‚Missionarinnen der Nächstenliebe‘. Die Mitglieder dieses Ordens mussten sich der Ehelosigkeit, der Armut und dem Gehorsam verpflichten. Später wurde der Orden vom Papst anerkannt und unterstand seiner Kontrolle. Teresa kümmerte sich mit ihrem Orden besonders um Sterbende, um Waisen und Kranke. Ihr ganz spezielles Engagement lag jedoch in der Betreuung der Leprakranken. Heute gehören über 3000 Ordensschwestern und über 500 Ordensbrüder in über 100 Ländern der Erde dem Orden von Mutter Teresa an. Für ihr selbstloses Wirken erhielt sie zahlreiche Preise – der bedeutendste war zweifellos der Friedensnobelpreis 1979. Auf die oftmals mangelnde medizinische Ausbildung ihrer Mitarbeiter pflegte Mutter Teresa zu entgegnen: „Nicht der Erfolg, sondern die Treue im Glauben ist wichtig.“ Neben der weltweiten Anerkennung für ihre Arbeit wurde sie für ihre konservative Weltanschauung nicht selten kritisiert. So sah sie in der Abtreibungspolitik vieler Länder die „größte Bedrohung für den Weltfrieden.“ Als in Irland darüber abgestimmt werden sollte, ob die Ehescheidung legalisiert werden sollte, rief sie die Iren dazu auf, mit Nein zu votieren.
Wenige Tage nach dem Tod von Prinzessin Diana, den sie sehr bedauert hatte, starb auch Mutter Teresa am 5. September 1997. Unter großer Anteilnahme der Weltöffentlichkeit wurde sie in Kalkutta beigesetzt. „Unsere Armen – Hungrige, Nackte, Heimatlose, Krüppel, Blinde, Leprakranke – sind großartige Leute; sie sind liebenswerte Menschen. Sie brauchen nicht unser Mitleid und unsere Sympathie, sie brauchen unsere verstehende Liebe. Sie brauchen unseren Respekt, sie wollen, dass wir sie mit Liebe und Achtung behandeln.“
Mutter Teresa: „Ich vergesse nie ein kleines Kind, einen Hindujungen von vier Jahren. Er hatte irgendwie gehört: ‚Mutter Teresa hat keinen Zucker für ihre Kinder.‘ Er ging nach Hause zu seinen Eltern und sagte: ‚Ich will drei Tage lang keinen Zucker essen, ich schenke ihn Mutter Teresa.‘ Nach drei Tagen mussten seine Eltern ihn zu mir bringen, und er schenkte mir ein kleines Gläschen Zucker. Wie sehr liebte das kleine Kind! Es liebte, bis es weh tat.“
„Vergesst also nie, dass es viele Kinder, viele Frauen, viele Männer auf dieser Welt gibt, die das nicht haben, was Ihr habt, und denkt daran, dass auch Ihr jene liebt, bis es weh tut!"
„Das Gestern – ist vorbei. Der Morgen – noch nicht da. Wir haben nur – das Heute. Lasst uns anfangen – Jetzt!“ Amen.