21 Abraham


Sara empfing noch in hohem Alter die Kraft Mutter zu werden

 Textquelle: Das Alte Testament - Einheitsübersetzung 2017 - HEB 11,1-2.8-12

 

"Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht. Aufgrund dieses Glaubens haben die Alten ein gutes Zeugnis erhalten. Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde. Aufgrund des Glaubens siedelte er im verheißenen Land wie in der Fremde und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten; denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat. Aufgrund des Glaubens empfing selbst Sara, die unfruchtbar war, die Kraft, trotz ihres Alters noch Mutter zu werden; denn sie hielt den für treu, der die Verheißung gegeben hatte. So stammen denn auch von einem einzigen Menschen, dessen Kraft bereits erstorben war, viele ab: zahlreich wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meeresstrand, den man nicht zählen kann."


Predigt im Jahreskreis 2011


Abraham bei den Eichen von Mamre

 Liebe im christlichen Glauben versammelte Gemeinde, Schwestern und Brüder in Christus Jesus,

bleibt fest stehen in dem, was ihr erhofft und seid überzeugt von Dingen, die ihr nicht seht; so mahnt der Apostel heute in seinem Brief an die im Glauben müde gewordenen Hebräer. Denn, die Alten – gemeint sind unsere Urväter Noah, Mose, Abraham und Jakob – haben aufgrund ihres Glaubens ein ruhmvolles Zeugnis erhalten. Es lohnt sich also, dieses Zeugnis, heute in besonderer Weise von Abraham, einmal näher zu betrachten. Denn – so lesen wir in Genesis, dem ersten Buch Mose, immer wieder: Abraham gehorchte dem Ruf Gottes. Er zog, obwohl er sesshaft war, aus Ur in Chaldäa weg, ohne zu wissen, wohin es ihn einmal verschlagen wird. Fortan war er ein Umherziehender – aber immer darauf vertrauend, Gott wird mir den richtigen Weg schon zeigen. Als sie dann nach Jahren ins verheißene Land kamen, überließ er Lot, seinem Neffen, das fruchtbare Jordantal. Er selbst wanderte weiter und fand bei den Eichen von Mamre, etwa drei Kilometer nördlich von Hebron, eine neue Heimat. An diesem geheimnisvollen und heiligen Ort konnte Jahwe, der allmächtige, alleinige und befreiende Gott Israels, in ganz besonderer Weise erspürt und erfahren werden; in der Hitze der Sonne, im Schatten der Bäume, im feinen Säuseln des Windes.

Als nun Abraham eines Mittags wieder einmal vor seinem Zelt saß, blickte er auf und – plötzlich standen da drei Männer. Abraham lud die Fremden ein, ließ Wasser holen, Brotfladen backen und ein zartes, prächtiges Kalb zubereiten. Überreichlich bediente und bewirtete er die drei. Erst später erkannte er, dass es wohl Boten des Himmels – ja – dass es Gott wohl selbst war, der sich ihm hier offenbarte. Diese damals viel erzählte Geschichte wollte helfen, zur heiligen Mittagszeit unter den Bäumen, zu der jeder Fremde eingeladen war, Gott zu erspüren, ihn persönlich zu erfahren, sich mit ihm zu verbinden. Gleichzeitig lehrte sie, dass man im unbekannten Gesicht des Fremden, die göttliche Gegenwart erkennen darf. Ja, mehr noch; dass demjenigen Gott am ehesten begegnet, der dem Fremden gegenüber so handelt, wie es das Gastrecht gebietet; Zuvorkommendhelfenddienend. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Nun sagte einer der Fremden zu Abraham: In einem Jahr komme ich wieder – dann wird deine Frau einen Sohn haben. Als Sara, hinten im Zelt, dies hörte, lachte sie. Denn alles war möglich, aber dass sie, die Unfruchtbare und Hochbetagte noch empfangen und gebären sollte, dies war gänzlich unvorstellbar.

Und auch für Abraham war die Wahrscheinlichkeit, nochmal Vater zu werden, sehr gering. Einen Sohn – Ismael – hatte er bereits; von Hagar, der Sklavin seiner Frau. Auch deshalb wünschte er sich nichts mehr als einen direkten Nachkommen. Und wenn Gott selbst es mir zusagt, dachte er, dann wird es auch geschehen. Denn wer, außer Gott, könnte den Menschen so durchschauen und seine Herzensgedanken lesen? Ja, ich will es glauben, denn für Gott ist nichts unmöglich. Und so erfüllte sich die Verheißung – aus Dir werden große Stämme und Völker hervorgehen und alle deine Nachkommen sollen gesegnet sein. Die Betonung liegt hier auf ‚Alle‘ und schließt ausdrücklich auch den später verstoßenen Ismael mit ein.

Wenn also Juden, Christen und Muslime in Abraham den einen und gleichen Stammvater haben, müssten dann nicht auch wir uns stärker auf diesen einen und gemeinsamen Ursprung besinnen? Müssten wir nicht näher zusammenrücken und mehr Verständnis, Toleranz und Wertschätzung füreinander entwickeln? Auch z.Bsp. dafür, wie die Anderen ihren Glauben und ihre Religion leben? Hierzu ein persönliches Beispiel: Auf meinem Weg zur Arbeit komme ich in Freiburg seit vielen Jahren jeden Tag zweimal am Islamischen Zentrum vorbei. Vor dem Gebetsraum ist ein kleiner Laden und vor dem Laden – zur Straße hin – ein gläserner Infokasten mit Bildern, Plakaten und Texten – wie bei uns. Alles in Arabisch, bis auf die, ich nenne sie 'Losungstexte', rechts unten im Eck. Hier befindet sich neben dem arabischen Text auch die Übersetzung ins Deutsche. Würde man die Texte dort herausnehmen und in unseren Kasten vor der Kirche einstellen, niemand würde es bemerken, oder gar Anstoß nehmen. Und warum nicht? Weil wir eben diesen einen Ursprung, den einen Gott und damit dieselben Leitgedanken und das gleiche Lebensprogramm haben. Seid gerecht! Vergeltet nicht Böses mit Bösem! Tut einander Gutes!

Liebe Schwestern und Brüder in Christus Jesus,

Glauben – braucht Zeit. Es geht nicht auf die Schnelle – von heute auf morgen. Glauben – braucht Ruhe – sowohl innerlich, wie auch äußerlich. Und – Rast. Einen Ort, wo wir uns – wie im Eichenhain von Mamre – erfrischen und neu auftanken können. Mir persönlich ist Gott nirgendwo näher, als in der Natur. Hier vor allem in den geliebten Bergen. Dort spüre ich zunehmend eine große Gelassenheit und innere Ruhe. Ich spüre ein Gefühl der Dankbarkeit – gute Entscheidungen getroffen, und manchmal auch – überlebt zu haben. Ich spüre meine verbrauchten Kräfte, mein Atmen, meine Zeit, mein Leben. Das Leben – in diesem ureigentlichen Sinne – spüren, und letztlich sagen können; Ja, es hat sich gelohnt, es war wertvoll und sinnvoll – diese Erfahrung wünsche ich auch Ihnen von ganzem Herzen. Gerade jetzt – in der Zeit des Urlaubs – kann dies wieder von Neuem gelingen. Amen.