11 Den Himmel auf Erden


Wer den Willen meines Vaters tut wird in den Himmel kommen

Textquelle: Das Neue Testament - Übersetzung von Fridolin Stier, 1989 - MT 7,21-27

 

"Nicht jeder, der zu mir sagt: „Herr, Herr!“ kommt in das Königtum der Himmel hinein, sondern der den Willen meines Vaters tut – dem in den Himmeln. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr! Haben wir nicht in deinem Namen prophetisch geredet und in deinem Namen Abergeister ausgetrieben und in deinem Namen viele Krafttaten vollbracht? Aber dann werde ich vor ihnen bekennen: Niemals habe ich euch gekannt! Weicht von mir, die ihr die Gesetzlosigkeit wirkt!

Jedwer nun diese meine Worte hört und sie tut, gleicht einem verständigen Mann, der auf den Fels sein Haus gebaut; Und niederging der Wolkenbruch, und kamen die Ströme, und schnoben die Winde, und fielen jenes Haus an – und es fiel nicht. Denn: Auf den Felsen war der Grundstein gelegt. Jedwer aber diese meine Worte hört und sie nicht tut, gleicht einem unklugen Mann, der auf den Sand sein Haus gebaut: Und nieder ging der Wolkenbruch, und kamen die Ströme, und schnoben die Winde, und schlugen jenes Haus an – und es fiel. Und sein Fall war groß."


Predigt im Jahreskreis 2008


Daisenhofbäuerin & Holzhofbauer

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn,

wie können wir denn in den Himmel kommen? Diese so einfache und kindlich klingende Frage – sie ist letztlich die Grundfrage unseres christlichen Glaubens – die Grundfrage fast aller Religionen. Unterschiedliche Kulturen in unterschiedlichen Zeiten geben unterschiedliche Antworten. Die einen sagen: Der Kult ist wichtig, also die Verehrung des Gottes. Andere meinen: Heilige dich selbst, zum Beispiel durch Verzicht und Fasten, durch gute Werke, durch sozialen Einsatz. Und wieder andere meinen: Löse dich los von dieser Welt, sage allem Irdischen ab, zieh dich zurück aus dem, was dich hier festhält. Wie komme ich also in den Himmel? Vor dieser Frage stand auch Jesus – und später auch Paulus. Und sie geben uns ganz klare, eindeutige Antworten.

Zuerst wehrt Jesus eine gängige Meinung ab. Es kommt für ihn nicht darauf an, wer die schönsten und besten Worte macht, wer möglichst wortreich und lang betet, wer sich vielleicht möglichst oft und sichtbar im Tempel zeigt. „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr! wird in das Himmelreich kommen!“ Jesus wendet sich damit vehement gegen jede oberflächliche Frömmigkeit – also gegen jene, die nach außen hin fromm erscheinen wollen. Dies ist eine harte Kritik an den Geistlichen seiner Zeit – und an der Kultfrömmigkeit, die so stark in Gefahr war, nur mehr äußerlich vollzogen zu werden.

Die zweite Antwort ist die Frage nach dem, was wir tatsächlich selber tun und leisten können und sollen, um in den Himmel zu kommen. Auch auf diese Frage geben Religionen ganz unterschiedliche Antworten. Das geht von der Selbsterlösung – bis dahin – dass man alles ‚nur‘ in die Hände Gottes legt. Die Leistung, die Jesus einfordert, ist – und dies überrascht, zuerst das Hören. Wir sollen auf sein Wort, auf Gottes Wort hören. Wir sollen offen sein für das, was uns der Geist Gottes sagt. Denn – „Wer diese meine Worte hört – und danach handelt, der ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf einen Felsen baut.“ Die Zeit heute mit all ihren technischen Möglichkeiten bringt es mit sich, dass wir immer weniger Zeit haben, uns zu besinnen, zuerst in Ruhe nachzudenken und dann zu handeln – wie zum Beispiel Maria.

Aber auch Jesus lebt es uns vor. Immer wieder zieht er sich zurück, um zu beten und um seine Kräfte zu sammeln, bevor er vor dem Volk auftritt. Meditation also, und Besinnung auf das Wort Gottes – das ist hier nicht Weltflucht, oder ängstliches Sich-Zurückziehen. Es ist vielmehr das Suchen nach dem sicheren Fundament, auf dem wir dann unsere eigene Meinung bilden und aufbauen können, und auf dem wir uns dann mit der Sicherheit des Glaubens für Wahrheit und Gerechtigkeit einsetzen können. Dieses sichere Fundament heißt: „Wir sind gerecht gemacht – nicht durch unsere Leistung, sondern durch Gottes Handeln an uns“, so formuliert es der Apostel Paulus immer wieder in seinem Brief an die Römer. Mit anderen Worten und theologisch gesagt: Wir können und müssen uns den Himmel nicht erst verdienen. Er gehört uns schon, weil Gott ihn uns schenkt. Er gehört uns schon, weil Gott jeden von uns auf eine ganz persönliche Art und Weise liebt. Seine ‚Gnade‘ kommt meinem Handeln zuvor.

Eine dritte Antwort gibt uns heute der Apostel Paulus indem er aufzeigt – es geht um die Verbindung zwischen Glauben und Werken. Denn natürlich verführt das zuvor Gesagte zu der Einstellung; Wozu soll ich mich denn überhaupt noch anstrengen, wenn sozusagen ‚mein Nest’ schon bereitet ist? Wenn Gott mir sowieso schon einen Platz im Himmel bereithält, aus Gnade und aus Liebe zu mir? Gerade hier greift Paulus wieder den Sinn der Lehre Jesu Christi auf. Denn – es geht in unserem Leben um die Balance zwischen dem Hören auf Gottes Wort und dem persönlichen Tun. Es geht also darum, einerseits alles von Gott zu erhoffen und zugleich mein Möglichstes dazu zu tun, also seinen Willen in meinem Leben zu erkennen und zu vollziehen. Im Gleichnis Jesu gesprochen heißt dies: Er verspricht, dass seine Worte – sprich seine Botschaft – uns ein sicheres Fundament sind. Er stellt uns das Fundament und den Grund bereit – bauen müssen wir das Haus dann aber schon selbst. Er ist – um noch ein anderes seiner Bilder zu gebrauchen – unser Weg zum Vater – gehen müssen wir ihn dann aber schon selber.

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn,

Gott gibt uns also Hilfen und Wegweiser für den Weg in den Himmel. Er bereitet uns den Weg – er begleitet uns auf diesem Weg – er räumt ihn auch frei von Steinen, die wir uns nicht selten auch selber in den Weg legen. Aber – er zwingt uns nicht, genau diesen Weg zu wählen. Seine Liebe will niemals zwingen – immer nur einladen, locken, herausfordern; biblisch gesprochen: auf fruchtbaren Boden fallen. Wenn dies aber passiert, dann ist nicht nur große Freude, sondern dann ist schon heute möglich, von dem so viele träumen. Ein Stück zu schaffen – vom Himmel auf Erden. Amen.