Textquelle: Das Neue Testament - Einheitsübersetzung, 2017 - Mt 16, 13-20
"In jener Zeit, als Jesus in das Gebiet von Cäsaréa Philippi kam, fragte er seine Jünger und sprach: Für wen halten die Menschen den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus antwortete und sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjóna; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. Dann befahl er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei."
Liebe Gemeinde – Schwestern und Brüder in Christus Jesus,
gerade hörten wir im Evangelium, wie Jesus seine Jünger fragt: „Für wen halten die Menschen den Menschensohn?“ Die Jünger sagten: „Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija und wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten“ – und damit lagen sie auf den ersten Blick gar nicht so falsch. Rief doch auch Jesus – wie die Propheten – zur Umkehr und nannte diejenigen selig, die arm sind vor Gott, die barmherzig sind, die Frieden stiften. Dein Reich komme, dein Wille geschehe – das verkündeten auch schon die Propheten.
Dann aber sagte er zu ihnen: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Und Petrus bekannte – höchstwahrscheinlich im Namen Aller: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“.
Dabei ist es noch gar nicht lange her, als ein anderer aus dem Zwölferkreis – Philippus – Jesus bat: "Zeig uns doch den verborgenen Vater, damit auch wir glauben können". Worauf Jesus antwortete: „Philippus – jetzt bin ich schon so lange bei euch, und du hast mich immer noch nicht erkannt“. Und an anderer Stelle sagt er: „Die, die mit mir gehen, kennen mich nicht“.
Eine ganz entscheidende Frage für uns und unser Leben wird also sein: Kennen wir – die wir heute mit Christus gehen – kennen wir ihn? M.a.W. Wer ist dieser Jesus für mich ganz persönlich? Was würden Sie sagen, wenn Ihnen ein Reporter sein Mikrophon hinhält und genau diese Frage stellt – z.B. nachher, nach dem Gottesdienst, draußen auf dem Kirchplatz?
Charles de Foucault, der im ersten Weltkrieg in Algerien ermordete Trappistenmönch und Eremit würde sagen: „Er – Jesus – ist der Einzige, der es verdient, mit ganzer Leidenschaft geliebt zu werden“. Wer seine Liebe an etwas anderes hängt und diese Liebe an die erste Stelle setzt, wird immer enttäuscht sein. „Wer mich liebt, hält an meinem Wort fest und der Vater wird ihn lieben. Wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen“, so Jesus. Die Liebe also zu Gott | zum Nächsten, die Paulus so wunderbar im ersten Korintherbrief – dem sog. Hohelied der Liebe – beschreibt, diese Liebe soll in Allem an erster Stelle stehen. Denn Gottes Liebe ist – im Bilde gesprochen – wie eine feste Brücke, die zwei Seiten miteinander verbindet. Gottes Liebe ist wie ein starkes Seil, das auch dann noch hält, wenn man selbst den Halt verliert. Gottes Liebe ist wie die Sonne, die Leben schenkt und wärmt und hell macht – und wie es in dem schönen Lied heißt – immer und überall da ist.
Ich selbst spüre diese Gott-geschenkte Liebe jeden Tag. Morgens, noch bevor ich aufstehe – tagsüber bei meinen Aktivitäten – und dann abends, wenn ich mein Tagewerk ablege - dem Herrn sozusagen vor die Füße lege. Alle Menschen – davon bin ich überzeugt – können diese Liebe dort, wo sie gerade hingestellt sind, spüren. Im Alltag, in Krankheit oder Lebenskrisen, in Leid und in Freud. Die Sonne, sie ist immer und überall da – auch dann, wenn man sie nicht sieht.
Auf das Bekenntnis des Petrus antwortet ihm Jesus: „Und du bist Petrus, der Fels. Dir werde ich die Schlüssel des Himmelreichs geben“. Jesus ahnte – für mich wird’s bald ganz eng – und er wollte seine Sache / sein Lebenswerk einfach in guten Händen wissen. Aber ausgerechnet ihm – Petrus, dem Kleingläubigen – der in den Fluten des Sees zu versinken drohte. Ausgerechnet Petrus, der ihn in der Nacht seiner Festnahme dreimal verleugnen wird. Ausgerechnet der, der dreimal nach seiner Liebe zu Jesus gefragt werden muss, bevor er den Auftrag erhält: „Weide meine Schafe.“
Und Petrus? Trotz all seiner Schwächen nimmt er diesen Auftrag an. Er spürte, was Gott von ihm wollte. Als Fels stellte er sich diesem göttlichen Auftrag und wurde so zum felsenfesten Fundament der Kirche.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
auch der ungläubige Thomas, auch die Emmaus-Jünger und auch Petrus – trotz seines Bekenntnisses heute – werden erst viel später erkennen, wer dieser Jesus wirklich war. Die Sehnsucht der Menschen aber, Gott in seiner Liebe zu begegnen wird von ihm als Messias – was soviel heißt wie: der von Gott Gesalbte und zu uns Menschen Gesandte – durch sein Leben, durch sein Sterben und durch seine Auferstehung, voll und ganz erfüllt. „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn“, bekennt der römische Hauptmann unter dem Kreuz.
Mit einem kleinen Gebet (Jes 12, 2) – auch zum Dank an diesen Jesus, der für uns so viel getan hat, möchte ich schließen. „Meine Hoffnung und meine Freude - meine Stärke mein Licht - Christus, du bist meine Zuversicht / Auf dich vertrau ich und ich fürchte mich nicht“. Amen.